Liebes Tagebuch… 9



Hurra, die Tänzerin, die sich schon lange mal mein Tangobuch ausleihen (im Extremfall sogar kaufen) wollte, hat wieder zugeschlagen! (Siehe hier: http://milongafuehrer.blogspot.de/2015/10/liebes-tagebuch-1.html)

Als ich sie neulich nach längerer Zeit mal wieder aufforderte, tanzten wir zunächst zwei einigermaßen lebhafte Tangos. Bei der Cortina (ich hatte sie erst ein Stück später aufgefordert, und unerwartet endete die Tanda schon nach drei Titeln) bat ich sie (höflicherweise) noch um einen dritten Tanz und äußerte die Vermutung, nun könne etwas Moderneres kommen. Aber nein – es erklang ein langsam-schleppender Museumstango! Ich verzog leicht das Gesicht, worauf sich der folgende Dialog ergab:

„Das müsste dir doch gefallen – ich glaube, du magst ja gerade diese alten Stücke?“

„Na, irgendwie schon, aber aus mir unerfindlichen Gründen gelte ich deutschlandweit als der größte Kritiker der traditionellen Tangomusik – so eine Art Häretiker.“

„Ach so, das wusste ich nicht – magst du das Stück dann überhaupt tanzen?“

„Na klar, ist ja meine Schuld – ich kenne doch die meisten Milongas und bin mir bewusst, worauf ich mich einlasse.“

Jetzt weiß ich wenigstens eins: Sie hat sich mein Buch noch immer nicht besorgt!

Die Sprüche des Abends waren aber noch nicht vorbei: Nach der Ansprache des Veranstalters wurde eine „Damenwahl“ ausgerufen. Ich hatte das nicht mitbekommen, da ich den Saal erst kurz darauf betrat. Fast alle Anwesenden tanzten, und ich war ziemlich erleichtert, die nunmehr gebotenen Discoklänge auslassen zu dürfen.

Plötzlich stand eine Dame vor mir: „Ich bin heute zwar zum ersten Mal beim Tango, aber bevor wir jetzt beide rumsitzen… willst du mit mir tanzen?“

„Na sicher, gerne.“

Immerhin hatte sie wohl bei der anfänglichen „Schnupperstunde“ gut aufgepasst – schon die ersten zwei Tänze waren gar nicht so schlecht. Wieder ignorierte ich die Cortina, bat sie um einen dritten Tanz und eröffnete den folgenden Dialog:

„Bleib locker, streng dich nicht so an, dann geht es wie von selber.“

„Schon klar, ich sollte nicht so viel denken – das soll lieber der Mann machen!“

Als ich daraufhin – sorry – in schallendes Gelächter ausbrach, setzte sie hinzu:

„Ich meine, beim Tango!“

„Tröste dich, ich denke beim Tanzen auch nicht.“

Der Bann war damit gebrochen, und beim dritten Stück (einem schönen Vals) schwebten wir locker und leicht übers Parkett.

Sollte die Dame dies hier zufällig lesen und sich wiedererkennen: Mach weiter mit dem Tango, du hast es echt drauf!

Kommentare

  1. Die Dame hat sich wiedererkannt! Danke, Gerhard, für die überaus wohl meinende Rückmeldung und den wunderbaren Tanz mit Dir! Unser kleiner Disput ist auch äußerst charmant zu lesen ...

    Nene
    (die Dame, die beim Tanzen den Männern das Denken überlässt)

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Liebe Nene,

      dankeschön! Hat mir wirklich Freude bereitet. Und mein Rat, mit dem Tango weiterzumachen, war sehr ernst gemeint!

      Beste Grüße
      Gerhard

      Löschen

Kommentar veröffentlichen

Hinweis zum Kommentieren:

Bitte geben Sie im Kommentar Ihren vollen (und wahren) Namen an und beziehen Sie sich ausschließlich auf den Inhalt des jeweiligen Artikels. Unterlassen Sie herabsetzende persönliche Angriffe, gegen wen auch immer. Beiträge, welche diesen Vorgaben nicht entsprechen, werden – ohne Löschungsvermerk – nicht hochgeladen.
Sie können mir Ihre Anmerkungen gerne auch per Mail schicken: mamuta-kg(at)web.de – ich stelle sie dann für Sie ein.